Dornenkinder by Rose Gerdts

Dornenkinder by Rose Gerdts

Autor:Rose Gerdts [Gerdts, Rose]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalroman
ISBN: 9783644522510
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-10-30T04:00:00+00:00


20

Es war kurz vor Mitternacht, als sie an der verschlossenen Pforte zu Sanders Grundstück klingelten. Das Haus war dunkel. Niemand öffnete.

«Vermutlich schläft er schon», sagte Navideh Petersen und suchte vergeblich nach einem Lichtstreif hinter den dunklen Fenstern des Hauses.

«Nein, macht er nicht.» Eine Stimme direkt hinter ihr ließ sie zusammenfahren. Klaus Sander drehte sich zu seinem Wagen um und drückte auf die Verriegelungstaste seines Autoschlüssels.

«Darf ich fragen, woher Sie um diese Zeit kommen?», fragte Steenhoff freundlich. Klaus Sander bedachte Steenhoff mit einem abweisenden Blick und wandte sich Navideh Petersen zu. «Wer sind Sie?»

Sie ging auf Klaus Sander zu. «Navideh Petersen. Ich bin eine Kollegin von Frank Steenhoff.»

Er ignorierte ihre ausgestreckte Hand, ging zur Pforte und schloss auf. «Da Sie sich dafür interessieren, woher ich so spät komme, nehme ich an, Sie haben den Mörder meiner Frau immer noch nicht gefunden», sagte Sander bitter. Er hielt die Pforte auf und machte eine Geste, dass seine Besucher zum Haus vorgehen sollten. In der Nachbarschaft begann ein Hund zu bellen. «Dieser beschissene kleine Kläffer», zischte Sander wütend. Sein Atem ging stoßweise. «Kann dieser Hund denn nie Ruhe geben?» Dann schloss er hinter ihnen wieder ab, überholte sie und öffnete die Haustür. «Gehen Sie ins Wohnzimmer. Ich komme gleich hinterher. Sie kennen sich ja schon bestens aus.»

Als er zu ihnen ins Zimmer kam, hatte er seinen Lederblouson ausgezogen. Sein kurzärmeliges Hemd gab den Blick auf seine muskulösen Oberarme frei.

«Bier, Wasser?» Er stellte ein Tablett mit Getränken auf dem Couchtisch ab und sah Petersen fragend an. Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete er drei Bierflaschen. Klaus Sander prostete seinen Besuchern zu und nahm einen kräftigen Schluck, mit dem er die Hälfte der Flasche austrank. Als er die Bierflasche absetzte, wischte er sich den Mund mit dem Handrücken ab und ließ sich ins Sofa fallen. «Sie wollten wissen, wo ich herkomme. Eigentlich geht Sie das nichts an, Herr Steenhoff. Sie sollen den Mörder meiner Frau finden und nicht hinter mir herspionieren.» Steenhoff und Petersen warteten. Er sah von einem zum anderen und schnaufte wütend. «Ach, was soll’s!», sagte er mit einer abfälligen Handbewegung. «Wenn es Sie beruhigt, ich war in der Kirche.» Navideh Petersen zog fragend die linke Augenbraue hoch. «Nicht das, was Sie jetzt denken. Das seelsorgerische Gespräch mache ich mit dem alten Herrn da oben alleine ab. Ich arbeite ehrenamtlich mit Jugendlichen in der Gemeinde. Die haben da so ein Angebot für schwierige, etwas auffällige Jungs und Mädels. Jeden zweiten Donnerstagabend. Erst wollte ich absagen, weil …» Er wischte sich über den Mund. «Na, können Sie sich ja denken. Aber dann habe ich gedacht, es tut mir vielleicht gut.» Er lehnte sich nach vorne und lächelte gequält. «Stellen Sie sich vor: Ich mache Fortschritte. Ich habe heute Abend tatsächlich mal fünf Minuten am Stück nicht ausschließlich darüber nachgedacht, welches verdammte Schwein meine Frau ins Wasser geworfen hat.» Frank Steenhoff überlegte, wie er anfangen sollte. Die Reaktion auf die Frage, die sie stellen wollten, war möglicherweise entscheidend. Andererseits konnten sie dem Witwer damit auch das letzte Stück Boden unter seinen Füßen wegziehen.



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